Der Landesverband der Hebammen NRW schlägt Alarm. Immer mehr Kreißsälen droht das Aus: Aktuell steht in Höxter die einzige geburtshilfliche Station des Kreises vor dem Ende, in Düsseldorf bleibt der Kreißsaal der Gerresheimer Sana-Klinik vorerst geschlossen. „Die Geburtshilfe in NRW steht haarscharf vor dem Desaster“, so der Verband. Die flächendeckende Unterversorgung zeigt sich in deutlichen Zahlen: Dem Deutschen Hebammenverband (DHV) zufolge gab es im Jahr 1991 noch mehr als 1.100 Krankenhäuser mit Geburtshilfe, im Jahr 2014 waren es nur noch 725. Seit 2015 sind weitere 83 Kreißsäle geschlossen worden oder von der Schließung bedroht. Eine Alternative bieten hier vor allem freiberufliche Hebammen. Doch auch für sie ist der Job wahrlich nicht leichter geworden: Hohe Prämien in der Berufshaftpflichtversicherung haben dafür gesorgt, dass viele Geburtshelferinnen aufgrund des Kostendrucks ihren Job schmeißen mussten.
Andere haben sich zusammengeschlossen – etwa in Geburtshäusern, in denen sie die Kosten gemeinsam schultern können. Geburtshäuser sind von Hebammen geleitete außerklinische Einrichtungen. Eine positive Bilanz liefert das bereits seit 1998 bestehende Geburtshaus Essen — mit sechs Hebammen. Sie alle sind Gesellschafterinnen der Einrichtung. „Unser Geburtshaus soll ein Ort rund um´s Kinder kriegen und die Familie sein. Das heißt, dass auch über die Geburt und die häusliche Betreuung hinaus, gewordene Eltern den Weg zurückfinden können“, so die Hebammen. Sie sind sich sicher: „Gebären folgt einer inneren Weisheit – der Intuition. Sie zuzulassen und zu fördern bedarf einer entsprechenden Haltung und eines Umfeldes, in der sie sich entfalten kann. Wir sehen uns als Begleiterinnen während der Schwangerschaft, der Geburt und in der Zeit danach.“
Mit der Einrichtung rundum gibt es ein vergleichbares Angebot in Dortmund – mit sieben Hebammen. Gegründet wurde die Hebammenpraxis, die seit 2009 ebenso ein Geburtshaus umfasst, im Jahr 2000. Seither ist das Praxisteam und das Kursangebot für werdende Mütter stetig gewachsen; die Praxis wurde vergrößert. Pro Jahr helfen die Dortmunder Hebammen etwa 150 Kindern auf die Welt.
Doch nicht überall gibt es Geburtshäuser, was die Suche nach einer Hebamme nicht einfacher macht. Ein recht neuer Dienst unterstützt zumindest die Bochumer Frauen und Wöchnerinnen bei der Suche nach einer Hebamme – die Hebammenzentrale für Bochum des Arbeiter-Samariter-Bunds (ASB). Erst im Februar dieses Jahres wurde er gegründet. „Wir sind eine Hebammenzentrale zur Vermittlung von freiberuflichen Hebammen zur Versorgung vor und nach der Geburt – wir sind kein Geburtshaus. Durch den zunehmend herrschenden Hebammenmangel können längst nicht alle Frauen betreut werden. Gerade zu Stoßzeiten in den Sommerferien oder zu Weihnachten bzw. zum Jahreswechsel können Engpässe auftreten. Durch eine bessere Vernetzung, die die Hebammenzentrale für Bochum schaffen möchte, werden Ressourcen optimal verteilt“, bieten Alexandra Rothe und Jennifer Kopp in der Zentrale werdenden Müttern ihre Unterstützung an: „Gerne helfen wir ihnen, eine Hebamme für die Schwangerenvorsorge, die Geburt und die Wochenbettbetreuung für das Stadtgebiet Bochum zu finden.“ Bereits über 250 Hebammen wurden über den Dienst vermittelt. Zentralen wie jene in Bochum gibt es ebenso in Gelsenkirchen, im Kreis Euskirchen, Düsseldorf, Köln, dem Münsterland und im Gebiet Rhein-Sieg-Bonn.
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mags.nrw/mutterschutz | Nicht nur die Geburt an sich ist eine Herausforderung, sondern auch das organisatorische Drumherum. Das Gesundheitsministerium NRW informiert über die rechtlichen Bedingungen des Mutterschutzes.
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