Ohne staatliche Förderung, von Fachmagazinen zum weltweit wichtigsten Klavierereignis gekürt und weit über Reviergrenzen hinaus bekannt – das Klavier-Festival Ruhr geht in die 28. Runde, mit 69 Konzerten in 23 Städten. Vom 15. April bis zum 10. Juli darf sich das Publikum über 41 Debüts an der Ruhr und zahlreiche Wiederbegegnungen mit Virtuosen aus 26 Nationen freuen. Im Fokus stehen Werke von Johannes Brahms, Max Reger und Ferruccio Busoni. Doch nicht nur Freunde der Spätromantik kommen auf ihre Kosten: Acht Konzerte umfasst die „JazzLine“, inklusive der „Cuban Night“ am 14. September in der Philharmonie Essen – ein Benefizkonzert zur Förderung von Flüchtlingskindern.
„Ich habe innere Schulden bei Brahms“, so Franz Xaver Ohnesorg, Intendant des Festivals. Das letzte Brahms-Jubiläum, der 100. Todestag, fiel mit dem Schubert-Jahr 1997 zusammen – nun holt das Festival die Würdigung des großen Komponisten nach. Und zwar gleich zur Eröffnung, am 15. April in der Stadthalle Mülheim: Der russiche Komponist und mehrfache ECHO-Klassik-Gewinner Arcadi Volodos spielt zu seinem 15. Festival-Besuch verschiedene Brahm'sche Werke, zum Beispiel die Sechs Klavierstücke op.118.
Max Reger als musikalische Entdeckung
In Sachen Max Reger nimmt sich das Festival einen Rat des legendären Arnold Schönberg zu Herzen. Der schrieb schon 1923 über seinen kürzlich verstorbenen Kollegen, dass dessen Werke viel häufiger aufgeführt werden müssten. „Weil die Leute sich noch nicht über ihn im Klaren sind (ich halte ihn für ein Genie).“ Sechs Abende verschaffen Reger posthume Würdigung; zum Beispiel am 28. April, beim Konzert von Gerhard Oppitz, begleitet von den Essener Philharmonikern in ihrer Heimstatt am Stadtgarten. „Reger ist selten zu hören und für viele sicher eine Entdeckung“, sagt Intendant Ohnesorg.
Sechs Konzerte sind dem Italiener Ferruccio Busoni gewidmet, darunter der Auftritt der deutsch-japanischen Komponistin Alice Sara Ott. Am 8. Juni spielt sie in der Gebläsehalle des Duisburger Landschaftsparks. Ebenfalls in der beeindruckenden Industrie-Kulisse zu bestaunen: The Pianos Trio spielen am 25. April Werke von Brahms, Strawinsky und mehr. Spannend: das italienische Dreier-Gespann wird zu ihrem Ruhr-Debüt für ganze Orchester komponierte Werke auf nur drei Klavieren zum Leben erwecken. „Das wird ein Feuerwerk der besonderen Art“, verspricht Ohnesorg.
10 Jahre Little Piano School und drei neue Spielstätten
Ein symbolisches Feuerwerk kann dieses Jahr das Education-Team des Festivals zünden: Seit 10 Jahren fördert die Little Piano School Kinder aus dem Revier. Ein besonderes Projekt ist die Website Explore the Score – hier können junge Musiker sich multimedial an die Werke der Großen herantasten. Die interaktive Partitur von Pierre Boulez war eines der letzten Projekte des jüngst verstorbenen Komponisten.
Mit Hamm, Münster und Rheda-Wiedenbrück werden dieses Jahr übrigens drei neue Spielstättten eingeweiht – auch ein Geschenk an das treue Publikum, so Intendant Ohnesorg. Ziel für die Zukunft sei es, weiter übers Ruhrgebiet hinaus zu wachsen. Natürlich – wie gehabt – ohne Fördermittel vom Steuerzahler, sondern einzig mit der Unterstützung der zahlreichen Sponsoren: „Das ist unser Ehrgeiz“, sagt der stolze Intendant.
Klavier-Festival Ruhr 2016 | 15.4.-10.7. und Zusatzkonzert am 14. September | diverse Orte | www.klavierfestival.de
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