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Mauerbruchstücke aus dem Bunker der Firma Krupp, Zweiter Weltkrieg, geborgen 2007, © Ruhr Museum
Foto: Rainer Rothenberg

Unter unseren Füßen

12. Februar 2024

Archäologie der Moderne im Ruhr Museum – Ruhrkunst 02/24

Die Archäologie geht mit der Zeit. Nur Schätze verschollener Kulturen ausbuddeln, das war einmal. Mittlerweile beackert man auch jüngere Forschungsfelder wie das Industriezeitalter. Die Archäologie der Moderne schaut in den Boden unter unseren Füßen und entdeckt dort verborgene Mauerreste oder Dinge im Weltkriegsschutt. Ausgrabungsfunde aus den letzten 250 Jahren bergen faszinierende Erkenntnisse über das wechselvolle Leben an Rhein und Ruhr, die in keinem Geschichtsbuch stehen. Um solche Relikte geht es in der Ausstellung im Ruhr Museum: um jüngste Geschichte und Geschichten aus Essen und der Region.

Zugegeben: Hier glänzt kein Goldschatz. Das Auge blickt ernüchtert auf gleichförmige Vitrinen einer konservativen Präsentation: 81 Exponate, thematisch gruppiert in acht Kapiteln wie Industrie, Infrastruktur und NS-Zeit. Unter Glas liegen Schlackebrocken, Porzellanpuppenköpfe, ein rostiger Nachttopf aus einem Zwangsarbeiterlager, Flaschenverschlüsse, Schuhsohlen, der Propeller eines abgestürzten Kampfbombers neben einer völlig ramponierten Reiseschreibmaschine, vieles für Laien unidentifizierbar. Ein großes Thema ist der Bereich Müll: In historischem Abfall finden Stadtarchäologen die zuverlässigsten Zeitzeugen. Absichtslos Weggeworfenes erzählt am ehrlichsten über Lebensumstände, objektiver als historische Dokumente und Erlebnisberichte. Da die Fundstücke nicht für sich sprechen, ist ansprechende Vermittlung gefragt.

Die Ausstellung besuchen, bedeutet: Exponate betrachten, rätseln, Erklärungen lesen, mit Vorwissen abgleichen und neu verknüpfen. Archäologen arbeiten ähnlich. Mit detektivischem Gespür können sie nach Jahrzehnten noch Verbrechen aufklären. Etwa das Schicksal des kanadischen Soldaten Thomas D. Scott, der sich aus seinem abgeschossenen Halifax-Bomber zwar noch retten konnte, aber gefasst und umgebracht wurde. Etliche verrottete Metallteile halfen, die Maschine und ihre Besatzung eindeutig zu identifizieren. Ohne Begleittexte weiß man das alles nicht.

Die Ausstellung möchte mit einer facettenreichen Auswahl aus ihrem Fundus die jüngste Vergangenheit ins Bewusstsein rücken und Neugier wecken auf alles, was da wohl noch im Boden schlummert. Aber die Faszination für die spannende Disziplin Archäologie der Moderne sollte man besser schon mitbringen. 

Jüngste Zeiten. Archäologie der Moderne an Rhein und Ruhr | bis 7.4. | Ruhr Museum, Essen | 0201 24 68 14 44

Claudia Heinrich

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