Zwei Legendinnen

Nico Muhly, Foto: Heidi Solander

Zwei Legendinnen

„Le Sacre du Printemps“ in der Tonhalle Düsseldorf

Als Mozart sein berühmtestes Instrumentalkonzert schrieb, resultierte die Wahl der damals modernen Klarinette aus der Bekanntschaft mit Anton Stadler. Dieser spielte im Orchester des Wiener Burgtheaters und war wie Mozart Mitglied im Bund der Freimaurer, zwei Gründe, den für seine tiefen Basstöne geliebten Solisten so hoch zu schätzen und ihm ein Stück speziell für seine selbst entwickelte Spezialklarinette zu schreiben.

Freundschaft verhilft manchmal dem Komponisten Zugang zu den Geheimnissen der nicht selbst beherrschten Instrumente zu finden. Und die individuellen Stärken der Taufpaten manifestieren sich in der Ausrichtung einer Komposition – z.B. die rhythmischen Qualitäten und das expressive Temperament der im aktuellen Falle betrauten Interpretinnen.

Dass diese schöne wie naheliegende Tradition – der Zueignung eines neuen Werkes auf bestimmtes Personal – häufig Initialzündung für den Charakter einer Partitur und für ungewöhnliche Besetzungen sein kann, darauf weist ein Konzert der Düsseldorfer Symphoniker hin: Neben dem Strawinsky-Knaller „Sacre de printemps“, einst in Auftrag gegeben von einem russischen Ballett-Impresario in Paris, erklingt eine relativ frisch geschriebene Hommage an die wunderbaren Geschwister Labèque, zwei Legendinnen unter den Piano-Duos der Gegenwart, die weltweit auf den bedeutendsten Bühnen agieren. Deshalb entstand das Werk als Auftrag von den vier führenden Orchestern aus Paris, New York, Liverpool und Düsseldorf. Jetzt gebiert die Tonhalle die deutsche Erstaufführung des Konzertes für zwei Klaviere und Orchester mit dem Titel „In Certain Circles“.

Hinter dem neuen Stück steckt der auch in Deutschland angesagte amerikanische Komponist und Pianist Nico Muhly, der bei mehreren Kostproben einen eklektizistischen, originell und wandelbar eingesetzten Stil pflegte, der sich deutlich von seinem Mentor Philip Glass absetzte. Nach drei kompletten Opern und Filmmusiken wie zum Oscar-trächtigen Film „Der Vorleser“, kam auch sein neues Stück im Frühjahr auf der Bühne der Carnegie Hall sehr gut an. Der Mann hat wie nur wenige zeitgenössische Stimmen immer etwas zu erzählen. Und er findet eine Klangsprache, die es erlaubt dies auch für den Hörer auszudrücken. Der Anfangsvierziger lebt in New Yorks bekanntestem Chinatown – heute wahrscheinlich „in certain circles“.

Le Sacre du Printemps | 28., 30., 31.10. 20 Uhr | Tonhalle Düsseldorf | 0211 91 38 75 38

Autor

OLAF WEIDEN

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