Von wegen no future!
Das Afrika Film Festival blickt nach vorne
Problemkontinent ohne Zukunft? Dieser einseitigen, meist postkolonial gefärbten Sichtweise möchte das Afrika Film Festival in diesem Jahr mit seinem Fokus „Afrikanische Zukunftsvisionen“ entgegentreten. Nachdem in 2020 ein obligatorisches Schwerpunktthema der Pandemie zum Opfer gefallen ist, widmete man sich in 2021 dem durch selbe sehr präsenten Thema der Digitalisierung. Und das, obwohl im Gegensatz zu vielen anderen Festivals das Afrika Film Festival mit etwas Glück und in abgespeckter Form durchgehend nicht nur digital, sondern auch im Kino, inklusive Gäste und Filmgespräche – der Kern eines jeden Filmfestivals –, stattfinden konnte. Nach dieser sehr neuen und herausfordernden Gegenwart, geht der Blick aber nun in die Zukunft.
Das 19. Afrika Film Festival zeigt in den unterschiedlichsten Sektionen fast 100 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme. Rund 40 Filmschaffende sind als Gäste geladen und präsentieren sich und ihre Filme in Vorführungen und Gesprächen. Neben dem Fokus auf afrikanische Zukunftsvisionen und einzelne Filmen zur Vergangenheit (z.B. „Vuta N’Kuvute“ vonAmil Shivji, s. nebenstehende Filmkritik) ergibt sich mit dem Thema „Migration“ durch seine Präsenz und Dringlichkeit in den Diskursen fast automatisch ein weiterer Schwerpunkt, der sich nicht nur immer wieder in der Filmauswahl des Festivals zeigt (z.B. in „No U Turn“ von Ike Nnaebues, s. nebenstehende Filmkritik), sondern auch in der Ausstellung „10 Views on Migration“ in der Alten Feuerwache, der ebenfalls ein kleines Filmprogramm angeschlossen ist. Verliehen werden unter den gezeigten Filmen gleich mehrere Preise, darunter der neue Filmpreis Diversity und Publikumspreise für den besten Dokumentar-, Kurz- und Spielfilm. Letzter dotiert mit 1000 Euro, wird wieder von choices gestiftet.
In diesem Jahr lässt sich das 1992 als kleine Reihe „Filme aus Westafrika“ von dem Verein Filminitiativ Köln e.V. gegründete Festival es auch nicht nehmen, in einem Rückblick auf seine letzten 30 Jahre zu schauen – mit vielen Filmen, die auf den vergangenen Festivals gezeigt wurden. Und eine Diskussionsrunde fragt selbstreflexiv auch gleich noch, was ein solches Filmfestival zur Entwicklung des afrikanischen Kinos überhaupt beiträgt. Viel, möchte man einerseits sagen, denn dadurch kommt das afrikanische Kino überhaupt erst in die hiesigen Kinos. Denn im alltäglichen Kinobetrieb finden Filme aus Afrika, anders als Filme aus Südamerika oder Asien, die zwar im Gegensatz zum europäischen und US-Kino auch nur sehr marginal auftauchen, praktisch nicht statt. Daraus leitet sich aber auch ab: es gibt noch immer viel zu tun, um das afrikanische Kino hierzulande sichtbarer zu machen. Das Afrika Film Festival hat diesbezüglich in den letzten 30 Jahren eine kaum zu überschätzende Arbeit geleistet. Und es ist zu befürchten – an dieser Stelle sei auch von unserer Seite ein kleiner Blick in die Zukunft gewagt – dass die Arbeit auch in den kommenden 30 Jahren noch notwendig sein wird.
19. Afrika Film Festival | 15.-25.9. | Filmforum NRW u. w. Orte | afrikafilmfestivalkoeln.de
Autor
CHRISTIAN MEYER-PRÖPSTL