Tiefenentspannt in Duisburg
Traumzeit-Festival mit Mogwai, Slowdive und The Great Faults
Am Anfang war der Jazz. Dann kam Weltmusik hinzu und inzwischen sind auch Pop, Indie, Elektro und vieles mehr dabei: Das Traumzeit Festival fand 1997 das erste Mal statt und hat sich in der Zwischenzeit als genreübergreifendes Event etabliert. Auch 2018 haben die Veranstalter ein geschmackvolles Lineup zu bieten, welches unterschiedliche Orte im Landschaftspark Nord nutzt. Auf der Open Air-Bühne am Cowperplatz sind Mainacts platziert, kleinere und intimere Darbietungen konzentrieren sich auf Innenräume wie die Gieß- und Gebläsehalle. Industrieromantik pur – die Atmosphäre ist eben typisch Pott. Kein Wunder, dass die treue Fangemeinde schon die ersten Tickets gekauft hat, bevor überhaupt das musikalische Lineup stand.
Und wer ist 2018 dabei? Alte Haudegen wie Blumfeld oder die legendären Sägegitarren von Jesus and Mary Chain lassen die Herzen nicht nur der über 40-Jährigen höher schlagen. Lucky Chops stecken Hits ins Blechbläser-Gewand, Parcels und die Kölner Band Woman lassen das Diskobein zucken, der Schweizer Songwriter Faber macht rasante Kirmesmusik mit bösen Texten, und hinhören sollte man auch bei Gisbert zu Knyphausens melancholischen Minidramen. Mit Mogli, Lotte, Lùisa und Lilly Among Clouds sind deutsche Songwriterinnen stark vertreten, der Pianist und Komponist Martin Kohlstedt steht für musikalische Expeditionen in Tiefenschichten.
Besonders relaxt geben sich die Veranstalter bei den Indierock-Acts. Von Shoegaze bis Slowcore wird in atmosphärischen Klanglandschaften geschwelgt. Ebenso laid-back, aber direkter und kantiger wirken The Great Faults. Die Zweimannband aus Mülheim an der Ruhr gibt’s seit 2011, ihr Indierock hat seine Wurzeln in deutlich älteren Bluestraditionen. Sänger und Gitarrist Martin Arlo Kroll und Schlagzeuger Johannes Woodrow Wagner setzen auf gewollte Roughness. Die Riffs dürfen gern mal was härter sein, und an den Drums wird ordentlich gescheppert. Wo eine Band wie 21 Pilots als Zweierbesetzung orchestral in die Breite gehen, kokettieren die Great Faults geradezu mit den wenigen Möglichkeiten ihrer Instrumentierung. Sie verlassen sich darauf, dass das Einfache auch das Eindrückliche ist.
Dass simple Mittel genügen, um sich in den Ohrwindungen des Hörers festzusetzen, haben nicht erst die White Stripes bewiesen. Dabei hat die Stimme von Martin Arlo Kroll zudem diesen charmanten Westcoast-Touch, ein bisschen träge, ein bisschen kratzig-rotzig, vor allem glaubwürdig. Auch wenn die Band noch keinen Auftritt in Amerika hatte, kann man sie sich wunderbar in irgendeiner Honkytonk-Kneipe im Südwesten oder auf dem Lollapalooza vorstellen. Doch Martin würde viel lieber in einem New Yorker Club spielen: „So ’ne muckelige Blues- oder Punk-Kaschemme“, meint er mit einem Lächeln. Nun steht aber erst einmal das Traumzeitfestival auf dem Plan, mit den Great Faults am Sonntag, 24.6. um 18 Uhr.
Traumzeit Festival Duisburg | 22. – 24.6. | Landschaftspark Duisburg Nord | www.traumzeit-festival.de
Autorin
MELANIE REDLBERGER