Refugium der leuchtenden Seelen

Ausstellungsansicht „Kunst Sommer/Herbst“, Foto: Thomas Dahl

Refugium der leuchtenden Seelen

„Kunst Sommer/Herbst“ in der Galerie Eyegenart

Unabhängig von Jahreszeit und Ausstellungsthema offenbart sich die Galerie Eyegenart als stete Schatztruhe. Die Stätte in der Ehrenfelder Rothehausstraße nimmt ihren Gästen mit jedem Besuch das seitens einer voranpreschenden Millionenmetropole verordnete Tempo und die beschränkte Sicht hinter die höchst interessanten Fassaden von Menschen und Objekten. Vielleicht nicht der Raum, aber mit Sicherheit die Zeit ist als stets nervöser, blendender Faktor in Fritz Böhmes Art-Refugium aufgehoben. Hier vergehen lediglich der Verkehrslärm und die missmutigen Blicke zwischen Fremden, die sich auf der nahegelegenen Bundestraße ungewollt streifen. Nach einer erfolgreichen Sommerausstellung setzt der Galerist sein Konzept, hochwertige Kunst zu bezahlbaren Preisen anzubieten, schlicht Richtung Herbst fort und öffnet in den kommenden Wochen die Pforten für mehr als 20 Kunstschaffende mit rund 200 Werken.

Dabei bilden die Künstlerinnen eine klare Mehrheit. In vielen der Exponate werden die Besucher:innen dabei selbst von weiblichen Motiven und Formen betrachtet (wenn sie es denn zulassen). Das Spektrum ist hier mindestens genauso breit wie ein zur Regenzeit anschwellender Rhein zwischen Deutzer- und Hohenzollern-Brücke. Neben expressionistischen Öl- und Acrylmalereien (Regina Maria Bußmann, Mara), romantisch-morbiden Stillleben (Oliver Jacob) füllen sozialkritische Popart von Malte Sonnenfeld, farbintensive Comic-Zeichnungen (Uwe Gremmel), experimentelle digitale Fotokunst (Anne Rufert), Miniatur-3-D-Objekte in Form von Frollein Suomis „Magic Boxes“ sowie eine aus Sandstein geborene Skulptur (Traudel Messerschmidt) das Areal in Dezimeterabständen. Radierungen, Monotypien (Drucke), Grafiken als Linolschnitte bis hin zu Mischtechniken und naive Kunst komplettieren ein sehenswertes Repertoire, das einzig auf Video-Installationen verzichtet und eine inhaltliche Zeitspanne von der Antike zur Moderne abbildet. Im Gegensatz zu oftmals reizüberflutenden Gemeinschaftsausstellungen mit inflationären, trendigen Leitgedanken zeichnet sich die aktuelle Werkschau in der Eyegenart durch die Freiheit der Künste und eine liebevoll anmutende Kuratierung aus. Alle Werke finden hier ihren Platz, der, trotz seiner begrenzten Kapazitäten, nicht einengt und die Arbeiten wertschätzend präsentiert.

Kunst Sommer/Herbst | 22.9.- 3.11. | Galerie Eyegenart | 0221 51 67 20

Autor

THOMAS DAHL

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