Keine Spur von stiller Nacht
Mit Anny Hartmann und dem Ensemble der Akte x-mas
Wenn wir sehr viel Glück hätten, würden wir viele Dinge nicht erfahren, meint Anny Hartmann in ihrem Jahresrückblick „Schwamm drüber?“, mit dem sie im Duisburger Kleinkunsttheather „Die Säule“ am 16. dem Gedächtnis der Zuschauer auf die Sprünge hilft. Mal mit lakonischem Humor, mal mit beißender Ironie – immer aber mit Haltung setzt die schlagfertige Komödiantin nicht in erster Linie auf Gags und Pointen, sondern auf Aufklärung. Und sorgt so dafür, dass wirklich etwas hängen bleibt von den Ungeheuerlichkeiten, die das langsam zu Ende gehende Jahr uns serviert hat.
Da gab es diverse Landtagswahlen, bei denen die AfD triumphierte, die Frauenquote für Vorstandsetagen und natürlich die Fußball-Europameisterschaft, bei der ich zum ersten Mal in meinem bereits ziemlich langen Leben ein Spiel von Anfang bis Ende gesehen habe, inklusive einem hochspannenden Elfmeterschießen am Schluss, bei dem die deutsche Mannschaft gewonnen hat. Vergessen habe ich indessen, gegen welches Land gespielt wurde (ich weiß, dass man das leicht herausbekommen kann, aber da warte ich lieber auf Annys Auftritt).
Vor zwei Jahren testete Anny Hartmann am Ende in einem Schnelldurchlauf, was bei den Zuschauern von dem Konvolut aus kritischen Querschlägen und pointierten Anmerkungen hängen geblieben ist. Dabei stellte sich heraus, dass eine humorvolle Sicht auf die Dinge dem Kurzzeitgedächtnis tatsächlich auf die Sprünge hilft. Wobei das Belohnungs-System mittels Schokolade offenbar prächtig funktioniert: Man sollte es Grundschullehrern ans Herz legen.
Seit vier Jahren geht das „Akte x-mas“-Ensemble erfolgreich auf NRW-Tournee. Im Ruhrgebiet im nun auslaufenden Jahr wird am Mo 12. im Oberhausener Ebertbad „Die Weihnachtsrevue, nach der sie einpacken können“ gespielt, am Di 13. im Alten Schlachthof in Soest, am Fr 16. und Sa 17. im Fritz Henßler Haus in Dortmund, am So 16. in der Kaue in Gelsenkirchen und am Di 20. in der Lindenbrauerei in Unna. Neben dem Initiator und Moderator Thomas Koch steht der Kabarettist und Baumarkt-Experte Fritz Eckenga, stehen der Schauspieler Claus Dieter Clausnitzer (Münsteraner „Tatort“), die vielseitige Autorin Katinka Buddenkotte, der umwerfende Geschichten-Erfinder und -Erzähler Torsten Sträter (Markenzeichen: dunkle Strickmütze) sowie der unverwechselbare Poetry Slammer Andy Strauß auf einer der ganz und gar nicht weihnachtlich geschmückten Bühnen – und machen jede Menge Quatsch.
Unüberhörbar. Keine Spur von stiller Nacht. Die Akteure lassen es nämlich krachen, also richtig laut, nicht so ein bisschen. „So wie in der Familie, wenn die Generationen aufeinanderprallen beim festlichen Clash der Kulturen unter dem Weihnachtsbaum! Feierliche Stimmung trifft auf Feiern und Stimmung! Wortgewaltige, aber einfühlsame Bühnenmenschen mit klassischer Weihnachtsliteratur treffen auf Wortakrobaten, Poetry Slammer und Musiker, die sich der Wahrheit über den Weihnachtswahnsinn verschrieben haben.“ Neben den bereits Genannten versprechen Björn Jung, Paul Wallfisch, Jenny Bischoff, Ulrich Schlitzer und Charlotte Brandi „einen besonderen vorweihnachtlichen Abend“. Das Einpacken kann tatsächlich warten, meint im Brustton der Überzeugung Ihre stets über Tage lebende
Autorin
ANNE NÜME