Junge Schwarze Formensprache

All images copyright, © Kanuand Philipp Kurzhals/Neuer Essener Kunstverein

Junge Schwarze Formensprache

Dozie Kanu im Neuen Essener Kunstverein

Fünf eigenartige Objekte teilen sich zurzeit den Kunstvereinsraum – man sieht sie schon von außen durch die Schaufensterfront. Für das zentrale Dreier-Ensemble wurde ein breites Podest errichtet, das sich von einer Zimmerecke her schräg durch den halben Raum schiebt. Eine Bühne wohl – doch wofür? Die drei Skulpturen, die als Tisch mit zwei Stühlen gelesen werden können, stehen so weit auseinander, dass eine entspannte Unterhaltung unmöglich wäre. Der linke „Chair“ erinnert von fern an einen bemalten Holzstuhl ohne Sitzfläche und Lehne, entpuppt sich aber aus der Nähe als aufwendig bearbeitete Nachbildung in Stahl: Die pinkfarbenen Ornamente wurden schwungvoll freigeflext. Sein Gegenstück rechterhand besteht aus original Fundstücken, Ölkanister und Basthocker, und wäre sogar als Sitzmöbel nutzbar, wenn man dürfte … Zwischen beiden hängt an einer Art Galgen eine runde Tischplatte, halbseitig bedeckt mit ausgefranster Leinwand.

Flankiert wird das exponierte Ensemble von einem umgedrehten Tischobjekt mit „Stachelblüten“ an den hochgereckten Beinen. Ein goldiger Messing-Widderkopf mit langen gebogenen Hörnern bohrt sich durch die Tischplatte. Etwas abseits liegt ein längliches transparentes Plexiglasgebilde mit roten und blauen Farbakzenten. Auf ihre Art sind alle Skulpturen cool und kraftvoll, dekorativ und verstörend zugleich. Ganz offensichtlich war hier ein Gestalter am Werk, der bearbeitete Fundstücke so gekonnt in Szene setzen kann, das Gegensätzliches harmoniert.

Dozie Kanu ist ein junger Schwarzer US-Amerikaner mit nigerianischen Wurzeln, der in New York Produktdesign studiert hat. Der 29-Jährige steht zwischen den Kulturen: dem besitzfreudigen weißen Amerika und der afrikanischen Diaspora, die Dinge eher am Gebrauchswert misst, gern recycelt und sich durch immaterielle Kunstformen wie Musik und Tanz ausdrückt. Für sie entwickelt Kanu eine neue Materialkultur voller subtil versteckter Anspielungen auf Kolonialismus und Konflikte, eine Sprache, die zwischen Kunst und Design changiert und in keine Schublade passt. In seiner Essener Ausstellung arrangiert er Einzelwerke, die in anderen Räumen und Zusammenstellungen andere Assoziationen freisetzen. Man wird nie wirklich fertig mit ihnen.

Cordyceps Gaud Adversary | bis27.11. | Neuer Essener Kunstverein | 0176 20 50 11 84

Autorin

Claudia Heinrich

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