Es klingelt das Vibraphon

Foto: Christian Hartmann

Es klingelt das Vibraphon

Wolfgang Lackerschmid im Jazzkeller Krefeld

Es muss in den Achtzigern des vergangenen Jahrhunderts gewesen sein, da trat in einem kleinen Jazzclub der deutsche Vibraphonspieler Wolfgang Lackerschmid auf. Er hatte sich bereits als vollbärtiger Intellektueller einen Namen gemacht, weil er mit der heute zum Superstar des Jazz verklärten Ikone Chet Baker über rund ein Jahrzehnt sehr intime und auch repräsentative Aufnahmen eingespielt hatte – Baker krönte seine eigene Legende 1988 in Amsterdam, als er nach der Einnahme einer sehr speziellen Drogenmischung aus dem Fenster des Prins Hendrik Hotels fiel. Daran erinnert heute eine Gedenktafel. Damals in dem kleinen Club hatte Lackerschmid für sein ruhig schwingendes Instrument mit der elektrisch bewegten Luft in den hängenden Resonanzröhren und dem Klang-verlängernden Pedal auch einen Popsong der gerade aktuellen Whitney Houston bearbeitet. Das war so ungewöhnlich wie sein exotisches Instrument, zeigte aber die Offenheit des Jazzmusikers, der sich über Swing und Bebop zum Cooljazz und in südamerikanische Rhythmen entwickelt hatte. Und Lackerschmid bewies hier sehr früh, dass ein guter Popsong ein prächtig bestellter Acker für traumwandlerische Improvisationen sein kann.

Vor wenigen Wochen spielte Lackerschmid einen festlichen Gedenkabend mit dem Freundeskreis des verstorbenen Saxophonisten Gerd Dudek. Da stand der nunmehr glattrasierte Klöppelspezialist wie ein aus der Zeit gefallener konservativer Swingbarde zwischen Musikern, die den modalen bluesigen Coltrane-Sound des großen Freigeistes Dudek feierten, mit Jasper van‘t Hof als genialischem Musikclown.

Als Lackerschmid 1976 seine erste amtliche Band – zuvor gab es ein Swing-Quintett – gründete, war er zwanzig Jahre alt. Später kam eine eigene Plattenfirma hinzu, ein Studium in Stuttgart, seine berühmten „Vibes Summits“, teilweise als Dankeschön an das Modern Jazz Quartet, bei dem Milt Jackson das Vibraphon bearbeitete. Jetzt gastiert der am Tegernsee geborene Lackerschmid mit seinen Weggefährten Ryan Carniaux an der Trompete und der Rhythmussection Stefan Rademacher (Bass) und Guido May (Drums) in einem Jazzattack Spezial in Krefeld. Und an diesem Abend erklingen Werke des Komponisten Lackerschmid, der auch schon Ballettmusik und besonders brasilianisch groovende Musiken geschrieben hat – diesmal im lockeren Jazzquartett.

Jazzattack Spezial | Do 16.3. 20.30 Uhr | Jazzkeller Krefeld | 0162 201 31 45

Autor

OLAF WEIDEN

Dieser Artikel erschien auf www.trailer-ruhr.de, lesen Sie weitere Artikel auf www.trailer-ruhr.de/musik-nrw

0