Dunkle Schatten haften ewig
„Michael Jackson: On the Wall“ in der Bundeskunsthalle
Eigentlich ist es eine beklemmende Szenerie vor dem Monitor, auf dem das Live-Video aus Bukarest (1992) von Michael Jacksons „Dangerous World Tour“ in mäßiger Lautstärke läuft. Ein Vater steht davor mit zwei Grundschulkindern und versucht ihnen den Rhythmus und den coolen Bewegungsablauf des Tänzers da oben zu vermitteln. Irgendwie scheint das nicht zu fruchten –sie starren nur verstört auf das irre Spektakel, während ihr Erziehungsberechtigter wohl ein echter Fan ist. Ansonsten geht es in der Ausstellung „Michael Jackson: On the Wall“ in der Bonner Bundeskunsthalle ziemlich still zu. Gedämpftes Licht, gedämpftes Geraune. Die amerikanische TV-Doku über das Jahrtausend-Musikgenie hat Spuren hinterlassen. Wahrheit oder nicht, Michael war sicher nie der schicke Bad Boy wie in dem fast gleichnamigen Video – er scheint eher ein Monster aus Thriller gewesen zu sein. Dennoch muss man die Ausstellung als das nehmen, was sie ist, in der Hauptsache eine artifizielle Hommage Dritter an eine visuelle Kultfigur des 20. Jahrhunderts. Und die Auseinandersetzung hat Andy Warhol bereits 1982 begonnen. Dass sich in einer Vitrine auch Jacksons„Diner Jacket“ dreht – eine schwarze Lederjacke mit Teelöffeln besetzt – ist ein Verweis auf den Designer Michael Lee Bush, der viele Outfits für den King of Pop kreierte. Nicht verwerflich, auch Michael hoch zu Ross im Stile von Rubens „Philipp II. zu Pferde“ – das Pathos lässt eher schmunzeln, er gab es bei Kehinde Wiley in Auftrag, hat die Vollendung aber nicht mehr erlebt.
Schon der Eintritt in die Gigashow mit über 130 Kunstwerken zeigt eher ein stilles Kunstwerk und doch großes Kino. Da stehen die schwarzen Slipper des Moonwalkers auf der Spitze. Möglich machen das bunte Heliumballons, die das „Freezen“ – wie Jackson das nannte – gegen die Schwerkraft, aber ohne Körper balancieren.„P.Y.T. (Pretty Young Thing)” hat Appau Junior Boakye-Yiadom das Werk 2009 genannt.Dass man es ein Jahrzehnt später mit mulmigem Gefühl betrachten würde, wer hätte das gedacht? Grenzwertig, wenn auch grandios wie immer die Arbeiten vom Foto-GottDavid LaChapelle und der hat Michael Jackson gerade verteidigt. Machen Sie sich unbedingt selbst ein Bild in Bonn, ich schmeiße meine „Michael-Bravo“ von 2009 auch nicht weg. Noch nicht.
Michael Jackson: On the Wall | bis 14.7. | Bundeskunsthalle Bonn | 0228 917 10
Autor
PETER ORTMANN