Die Krux mit dem Körper

Hiraeth Kollektiv, Foto: Godot

Die Krux mit dem Körper

Festival tanz nrw 23

Streitdebatten und Theorien drehen sich um dieses Thema, das uns alle betrifft: der Körper. Doch nicht alle dürfen darüber zu Wort kommen – nicht mal über den eigenen Leib. Wann und wo kommen etwa weiblich-muslimisch wahrgenommene Körper selbst zu Wort? Genau mit dieser Krux befasst sich etwa das Hiraeth Kollektiv in ihrer Recherche: als Sichtbarmachung von verborgenen und exotisierten Körpern. Ihre Erkenntnisse gehören zu den zwei ergebnisoffenen Recherche-Residenzen, die tanz nrw und das NRW Kultursekretariat unter der Rubrik „Sprungbrett“ förderten.

Das Hiraeth Kollektiv stellt ihre Recherchen nun im Rahmen des diesjährigen Festivals für zeitgenössischen Tanz vom 4. bis 14. Mai vor. Doch sie sind bei weitem nicht die einzigen Bühnenakteure, die an den elf Tage und in neun Städten auftreten. Im Festivalprogramm finden sich mehr als zwanzig digitale Formate und 22 analoge Produktionen, darunter drei Premieren. Dazu zählt die Aufführung von „Whirling Ladder | Upright“, die Yibu Dance in der Fabrik Heeder in Krefeld zeigt. Sie exerzieren auf der Bühne, wie sich der aufrechte Gang des Menschen entwickelte.

Im Laufe der Evolution entwickelten sich bekanntlich auch die menschlichen Sinnesorgane. Doch braucht es nun, im Kollaps des Kapitalozäns, weitere Modifizierungen, um neue Formen der Begegnung und Gemeinschaft zu ermöglichen? In diese komplizierte Gemengelage katapultiert uns die Produktion „Ever|Rêve“ von Choreograf Ben J. Riepe, eine weitere Uraufführung.

Katharina Senzenberger und Kompliz:innen verwandeln die Bühne in einen feucht-queeren Ort, um körperliche Identitäten zu hinterfragen. Fünf Bühnenakteurin:nnen flutschen halbnackt über einen Wasserfilm auf der Rampe, als Performance, die binäre Kategorien verflüssigen will. Zukunftweisend klingt ebenso die Produktion „Mira 11_shift“ von Julia Riera. Denn die Choreografin konfrontiert den Menschen mit den Bewegungsvorschlägen einer Künstlichen Intelligenz. Dass es auch altmodischer geht, beweist Renegade: In „Back to roots“ eröffnet das HipHop-Ensemble eine Zeitreise zu den Anfängen des Street Dance. Während die sechs Tänzer:innen diese flotte Tanz-Ästhetik der 1980er zelebrieren, erhebt sich auf der Bühne ein überdimensionaler Ghettoblaster.

tanz nrw 23: Festival Zeitgenössischer Tanz | 4. bis 14. Mai | div. Orte in NRW | 0221 88 89 54 93

Autor:

Benjamin Trilling

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