Die durchdesignte Hölle

Anna Uddenberg Capricious Patricia, 2019, Foto: Bastian Geza Aschoff

Die durchdesignte Hölle

Anna Uddenberg in der Bundeskunsthalle

Was passiert, wenn die Verheißungen der technologischen Zukunft doch in einer Sackgasse münden? Wird das Versprechen makellosen Daseins dann überhaupt zu erreichen sein, oder enden wir alle als durchgestylte Einheits-Cyborgs? In „Power Play“, der Ausstellung der jungen schwedischen Künstlerin Anna Uddenberg in der Bonner Bundeskunsthalle, sollte man über die Entwicklung solcher Hirngespinste nachdenken. Ihre makellosen Skulpturen versprühen den Charme der Unnahbarkeit, verwirren als scheinbare Sextoys das Gemüt und sind auch sonst ein bisschen „strange“. Dahinter steckt wohl auch die bittere Erkenntnis, dass hinter Luxus und Komfort nie Behaglichkeit steckt, sondern meist nur routiniertes Wohlfühlen-Wollen.

Treten wir also ein in die Upperclass-Lounge, die mit Sonnensegeln allzu viel UV-Strahlung von uns fern hält, setzen wir dennoch die schwachsinnig teure Designer-Sonnenbrille auf die Nase und bewundern das schicke Interieur mit den vielen femininen Assoziationen, die schon zu Beginn bei „Precarious Patricia“ (2019) die Gedanken verwirren. Da hängt etwas Weibliches lasziv halb auf dem Glastisch, Catsuit, High Heels, rote Locken und doch – bei aller geballter Erotik – ist das ein Überangebot an Reizen, dem ein Gesicht fehlt, das durch das glasklare Fenster vis-à-vis das Mobiliar bewundern könnte, das auch mit dem Widerspruch ausgestattet ist. Die Bildhauerin hat Skulpturen geschaffen, deren Funktion partout nicht zu ergründen ist. Klar man kennt die Form, doch die Form scheint nicht mehr der Funktion zu folgen und so macht sich das Unterbewusstsein auf einen eigenen Weg, schafft Illusionen von Gebrauch und Nutzen, entdeckt Dinge, die ja wohl ins Premium-Armaturenbrett eines Pkw gehören und die nun einen ganz neuen Aspekt erhalten. Alles scheint genau richtig und doch irgendwie sinnlos.

Dennoch verlangen die Gedanken bestimmte Muster zur Verarbeitung, verlangen Fakten zur visuell wahrgenommenen Gender-Haptik. Die Skulpturen, die nur scheinbar reale Dinglichkeit repräsentieren, erinnern an tausende Jahre Rollenverhalten, an völlig verdrehte Wertvorstellungen, oder an die immer weiter modifizierten Klischees über perfekte Formen weiblicher Körper. Nicht verpassen.

Power Play. Anna Uddenberg | bis 22.9. | Bundeskunsthalle Bonn | 0228 917 12 00

Autor

PETER ORTMANN

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