Der Mann mit Gedächtnis

"Der Staat gegen Fritz Bauer"

Der Mann mit Gedächtnis

Die Filmstarts der Woche

Mit Burghart Klaußner in der Hauptrolle wagt Lars Kraume eine Reise zurück ins Wirtschaftwunder-Deutschland der 1950er Jahre. Sein Film „Der Staat gegen Fritz Bauer“ (Cinenova, Filmpalette, Odeon, Residenz, Weisshaus) verfolgt die Arbeit und die Anfeindungen des unnachgiebigen hessischen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer, der nicht nur die Auschwitzprozesse maßgeblich ins Rollen brachte, sondern auch die Ergreifung des Holocaust-Organisators Adolf Eichmann. Kraume gelingt eine Gratwanderung zwischen unterhaltendem Historiendrama und sehr akkurater Geschichtsschreibung, die weder dem Pathos noch der Weichzeichnung verfällt. Exzellent spiegelt der Film Bauers Enttäuschung über seine Mitmenschen, die im Wirtschaftswunder-Wahn der Nachkriegszeit keine Empathie mit den Opfern empfanden und sich selbst von Wolfgang Neuss‘ und Wolfgang Müllers bösem Schlager „Jetzt kommt das Wirtschaftswunder“, über „die Monatsgaben für Nazi-Knaben“, aus Kurt Hoffmanns Erfolgsfilm „Wir Wunderkinder“ (1958), nicht aus der Ruhe bringen ließen. So ruhte Fritz Bauers Hoffnung am Ende seines Lebens allein auf den jungen Menschen der „ungelernten Republik“ (Neuss). Ihnen wollte er zurufen: „Habt ein besseres Gedächtnis! Habt die Menschen im Gedächtnis!“

Nach „The Act of Killing” entführt Regisseur Joshua Oppenheimer in „The Look of Silence” (OmU in der Filmpalette) noch einmal in die Abgründe Indonesiens. Erneut thematisiert er die bestialische Massen-Verfolgung etwaiger Kommunisten Mitte der 1960er Jahre. Diesmal begegnet er den reuelosen Tätern von damals mit dem Bruder eines Ermordeten an seiner Seite. Nach der Vorführung auf der diesjährigen Berlinale konstatierte Werner Herzog, einer der ausführenden Produzenten, im Gespräch mit dem Regisseur, dass der Film Stille dokumentiere. Es ist tatsächlich der Versuch einer Trauerarbeit, die nicht Rache antreibt, sondern sich nach Versöhnung sehnt und ein Gespräch in Gang setzen möchte.

Alt aber yo ho! Die Dance-Formation „Hip Hop-Eration“ (OmU im Filmhaus) von der neuseeländischen Insel Waiheke fand 2014 als älteste Tanzgruppe der Welt Einzug ins Guinness-Buch der Rekorde. Bryn Evans‘ Film portraitiert die Crew mit seinen TänzerInnen zwischen 74 und 95 und begleitet die rüstige Formation auf ihrem Weg nach Las Vegas zur Weltmeisterschaft. Eine kurzweilige Feel-Good-Doku für „Young@Heart“-Fans.

Außerdem neu in den Kinos: Pete Docters und Ronnie del Carmens großer Pixar-Spaß „Alles steht Kopf“ (Cinedom, Metropolis, UCI), Denis Villeneuves Bandenthriller „Sicario“ (Autokino Porz, Cinedom, UCI, OmU im OFF Broadway) und Julian Jarrolds romantisches Drama „A Royal Night – Ein königliches Vergnügen“ (Cinenova, Residenz, UCI, OmU im Metropolis). Dazu starten Alejandro Amenábars Horrorthriller „Regression“ (Cinedom, UCI) und Boaz Yakins Hunde-Drama „Max“ (Cinedom, UCI).

Autor

REDAKTION CHOICES.DE

Dieser Artikel erschien auf www.choices.de, lesen Sie weitere Artikel auf www.choices.de/kino

0