Das Meer spiegelt die Gefühle

Martin Homrich, Foto: Isabel Machado Rios

Das Meer spiegelt die Gefühle

„Billy Budd“ am Musiktheater im Revier Gelsenkirchen

Frauen kommen in diesem Stück nicht vor. Es ist eine reine Männergeschichte, die Benjamin Britten 1951 in eine große Oper verwandelt hat: Die Vorlage von „Billy Budd“, ein Roman von Herman Melville, spielt in der geschlossenen Gesellschaft eines Kriegsschiffs. Die „Indomitable“ segelt 1797 gegen das Frankreich Napoleons; an Bord ist der zwangsrekrutierte junge Matrose Billy Budd, dessen körperliche Schönheit und kindliche Unverdorbenheit sich mit einem freundlichen Charisma verbinden, das alle in seinen Bann schlägt – bis auf den Schiffsprofoss Claggart und seinen Helfershelfer Squeak.

Getrieben von Neid auf Billys Schönheit und Unschuld versucht Claggart, dem beliebten Matrosen Fallen zu stellen und bezichtigt ihn der Meuterei. Der fassungslose Billy, der in Erregung ins Stottern gerät, kann sich nicht mit Worten wehren und versetzt Claggart einen tödlichen Schlag. Obwohl er Billy schätzt, sieht sich Kapitän Vere gezwungen, ihn vor ein Kriegsgericht zu stellen. Dem Buchstaben des Gesetzes folgend verurteilt es den Matrosen zum Tod. Die Ordnung ist wieder hergestellt, aber der alte Kapitän wird im Epilog von inneren Konflikten gequält: War der Tod des jungen Mannes gerechtfertigt?

Intendant Michael Schulz selbst wird Brittens Meisterwerk inszenieren und will die Situation dieser Männergesellschaft auf engem Raum und ohne Rückzugsmöglichkeit dem Publikum hautnah erfahrbar machen. Mit den sechzehn Solisten, einem auf doppelte Größe erweiterten Männerchor und rund 20 Statisten stellt er – mit finanzieller Unterstützung der Sparkasse Gelsenkirchen – eine spektakuläre Schiffsmannschaft auf die Bühne des Musiktheaters im Revier. Generalmusikdirektor Rasmus Baumann manövriert das Orchester durch die Partitur Brittens, die in ihrer atmosphärischen Dichte, vor allem in den Zwischenspielen, das Meer als Metapher seelischer Zustände in der Musik widerspiegelt.

Die Titelrolle verkörpert der Bariton Dominik Köninger, der nach seiner Zeit im Opernstudio der Staatsoper Hamburg bereits an vielen großen Häusern von Berlin über Stuttgart bis München und Wien gesungen hat. Die Rolle des Kapitäns Edward Fairfax Vere, bei der Uraufführung von Brittens Lebenspartner Peter Pears gesungen, übernimmt am MiR Ensemblemitglied Martin Homrich. Als Claggart ist Michael Tews zu hören.

Billy Budd | 25.3., 2., 15.4., 13., 20.5., 3., 22.6. | Musiktheater im Revier | 0209 40 97 200

Autor

WERNER HÄUSSNER

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