Abschied von Ludwig Güttler

Ludwig Güttler, Foto: Juliane Njankouo

Abschied von Ludwig Güttler

„Sächsischer Bläserglanz zur Weihnachtszeit“ in NRW

Wenn Ludwig Güttler heute aus dem Fenster seiner Wohnung auf den Neumarkt in Dresden blickt, sollte er angesichts des prallen Lebens rund um die Frauenkirche eigentlich sehr zufrieden sein. Der in Deutschland prominenteste Trompeter seiner Generation nutzt vor seinem 80. Geburtstag die als Abschied annoncierte Konzertreise auch ins Ruhrgebiet und Rheinland, um seinen hiesigen Verehrern mit seinem Blechbläserensemble einen weihnachtlichen Gruß zu überbringen. Der einstige junge und überregional wahrgenommene Trompetenstar der DDR, ausgerüstet mit der Lizenz zum Reisen in für Normalbürger unerreichbare Länder und eifrig studiert und biografiert von der Stasi auf 5000 Seiten, blieb – wie einst der große und weise Dirigent Kurt Masur zur politischen Wende in Leipzig – nach dem Mauerfall ebenfalls nicht bei seinen Leisten: Güttler, der Gründer von Ensembles und Orchestern, Festivals und sogar historischen Instrumenten, der Dirigent und Musikforscher, er mischte sich einfach zu gerne ein – auch außermusikalisch.

Die Idee, die als Mahnmal darniederliegende Dresdner Frauenkirche neu zu errichten, geisterte schon länger in kreativen Köpfen. Die Aura der Kunst und die Persönlichkeit des weltläufigen Künstlers, Insignien als Vorsitzender einer solchen Rettungsgesellschaft, die besaß Ludwig Güttler, der König der Trompete. Bereits in den Trümmern begann er, Konzerte zu organisieren, um den Traum zu realisieren. Mehr als 1500 Güttler-Konzerte liefen zu Ehren der Frauenkirche bis heute. Der triumphale Wiederaufbau wurde weltweit beobachtet.

Enttäuschend für Güttler geriet der medial übermittelte Moment, wo der rührige Orchesterspieler, Hochschulprofessor und Künstlerische Leiter seinen offiziellen Rentenbescheid in Händen hielt: Der fiel natürlich wegen der langjährigen freien Konzerttätigkeit eher bescheiden aus. Soziales Engagement und bürgerlicher Einsatz spiegeln sich selten in der Rentengestaltung. Aber Güttler wurde natürlich auch durch die Frauenkirche zum Superstar, nach zahlreichen Preisen und Ehrungen für Musikalisches nun Titel und Auszeichnungen für sein rasant durchgeführtes Bürgerprojekt. Und wenn Ludwig Güttler uns jetzt ein letztes Mal als Ensemble-Chef mit glänzender Blechblaskunst beschenkt, dann mündet dies erfahrungsgemäß in stehende Ovationen für sein wirkungsvolles Gesamtschaffen – hoffentlich sichtbar für die Ewigkeit.

Sächsischer Bläserglanz zur Weihnachtszeit | Mo 19.12. Kölner Philharmonie (0221 280 280) | Di 20.12. Philharmonie Essen (0201 81 222 00)

Autor

OLAF WEIDEN

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