„Wie wird man ein Held?“
Henner Kallmeyer inszeniert „Robin Hood“ mit weiblicher Heldin
engels: Herr Kallmeyer, Robin von Loxley – ein neuer weiblicher Stern am kindlichen Heldenhimmel?
Henner Kallmeyer: Es geht tatsächlich darum, was einen Helden ausmacht. Es gibt ja tausende Variationen von Robin Hood, aber keine mit Robin als Mädchen. Das fand ich als Kind schon komisch – meine Mutter hat mir dann erklärt, dass Robin Rotkehlchen bedeutet und ich fand ihn einen komischen Männernamen. Dann habe ich mir überlegt, was sind so die Stereotypen, was macht einen Helden aus und wie wird man ein Held oder eine Heldin? Sie hat eine privilegierte Position als Prinzessin und muss in den Wald fliehen und begibt sich auf die Suche nach dem echten Robin Hood. Und merkt mit der Zeit, dass man den Held in sich selber entdecken muss.
Es gibt aber jetzt keinen Prinz Marian(ne), oder?
Doch tatsächlich. Das war der nächste Gedanke, den ich hatte: Wenn Robin ein Mädchen ist, das sich als Junge verkleidet, was ja heute gar nicht so unüblich ist, dann ist die eigentliche Herausforderung, einen Jungen zu haben, der dann das Prinzessinnenkleid anzieht. Das hat großen Spaß gemacht, es zu schreiben. Mario, also eigentlich Marian(ne), ist ein Taschendieb, der das Kleid im Wald findet. Er denkt, dass so ein Kleid keine schlechte Arbeitskleidung ist, weil als Prinzessin verkleidet wird man eben nicht so leicht verdächtigt. Dann zieht er es an und später wird es zur Selbstverständlichkeit, dass er ein Kleid trägt.

Zur Person:
Henner Kallmeyer, geboren 1974 in Lübeck, begann seine Theaterlaufbahn am Schauspielhaus Bochum, wo er u.a. Christina Paulhofer assistierte. Seit 2002 ist er freischaffender Theaterregisseur und inszenierte u.a. am Staatstheater Hannover, Theater Bielefeld, am Deutschen Theater Göttingen, Schauspielhaus Salzburg, Schauspielhaus Bochum, Schauspiel Essen und am Staatstheater Oldenburg. Er unterrichtet an der Folkwang Universität der Künste in Essen. Foto: Presse
Das Ganze ist also märchenhaft gendergerecht im generischen Femininum auf der Suche nach einer männlichen Legende.
Ja. Im Grunde versuche ich das alles auszuhebeln. Egal, ob du ein Junge oder Mädchen bist, Hauptsache du entdeckst deinen Mut und traust dich dein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.
Was ist das Besondere beim Inszenieren mit Orchester – das ist ja keine Oper?
Das ist die zweite Zusammenarbeit mit William Shaw und eigentlich ein Zufall. Er sollte für den Kleinen Lord im letzten Jahr nur zwei Musiken raussuchen, stattdessen hat er einen kompletten tollen Soundtrack komponiert. Zuerst sollte das bei Robin Hood wegen Corona eine kleine Besetzung werden, aber jetzt hat er einen fetten Soundtrack geschrieben zwischen Hollywood und großer Oper. Manchmal, denke ich, das ist aber eine Aufgabe.
Wie verändert das denn die Choreografie zwischen den Schauspielern auf der Bühne? Müssen die bei jedem Gesang stehenbleiben?
Wir proben gerade an den musikalischen Szenen und wie man die in Bewegung kriegt. Gesang gibt es gar nicht so viel. Hauptsächlich ist es wie ein Soundtrack. Robin verirrt sich im Wald, der Sheriff von Nottingham verfolgt ihn, düstere Musik, ein lustiger Bär taucht auf, lustige Musik.
Warum wird es nicht im Opernhaus gespielt, im Engelsgarten dürfte ja wohl um die Karten gefochten werden, oder?
Coronabedingt ist es gar nicht mehr möglich im Theater am Engelsgarten zu spielen, da dürfen zu wenige Leute rein. Jetzt spielen wir tatsächlich erstmal im Opernhaus, und da können dann auch mehr Musiker aus dem Sinfonieorchester auf die Bühne.
Wir kennen ja alle die Verfilmung mit Sean Connery als König – ist das jetzt ein Prequel oder ein Sequel der alten Ballade?
Ein Sequel. An den Film mit Sean Connery hab ich ganz viel gedacht, weil der gerade gestorben ist. In dem Kevin-Costner-Robin-Hood hat er ja einen kurzen Auftritt. Er hat auch später einen Film gemacht über den alten Robin Hood. Wir haben einen geheimnisvollen älteren Mann, den sie im Wald trifft.
Wir wollen ja nichts verraten, aber bei einem Familienstück ab 6 Jahren heißt die Hexe da Morgana oder eher Bibi Blocksberg?
Bei uns heißt die Hexe Bärbel. Aber was wir da machen geht schon eher in Richtung Morgana. Meine Frau macht die Kostüme und „Game of Thrones“ ist da immer ein gutes Vorbild, gerade was das Mittelalter angeht. „Game of Thrones“ ist als Inspiration für solche Stücke ideal.
Solange nicht die weißen Reiter kommen.
Soweit geht es nicht. Es ist ja ab 6 Jahren. Aber ein bisschen gruselig darf es trotzdem sein.
Aktuell: Die geplante Dezember-Premiere wurde verschoben. Videoadventskalender zu „Robin Hood“ auf www.wuppertaler-buehnen.de
Robin Hood | R: Henner Kallmeyer | neue Termine in Planung | Opernhaus, Wuppertal | 0202 563 76 66
Interview:
PETER ORTMANN