Eine unscheinbare Tür, eine Treppe, blaues Licht. Steigen wir hinab in den geheimnisvollen Gewölbekeller der ehemaligen Lindenbrauerei in Unna. Steigen wir hinab in die Welt des Lichts, das dort museal die Dunkelheit verdrängt, die alten groben Wände beleuchtet und scheinbar aus Nichts geboren immer wieder neue Räume schafft. Jetzt sind dort auch die Sonderausstellung „¡DARK!“ unddie Begleitausstellung „Dark II“ zu entdecken.
Der erste Keller enthält die Installation „Connect, Back to Back“ (2012/2014) von Regine Schumann.Da stehen wellenförmige Acrylglasplatten im Weg, bilden ein Labyrinth aus Farbe, durchscheinend, phosphoreszierend. Die meisten Besucher werden die längliche Gesamtsituation überblicken können, alle können beim sehenden Mischen der blauen und fuchsienroten Flächen eigene Farbkompositionen kreieren. Die Elemente sind bis auf eins alle gleich, allein Schwarzlicht an der Decke lässt sie leuchten.
Der zweiten Raum „Meeting You Halfway II“ (2009) von Anthony McCall scheint Bühnenbild für luzide Träume. Außer einem kleinen Nebelwerfer und einem Projektor braucht es für sein „Solides Licht“ nicht viel. Und solide ist dabei natürlich assoziativ gemeint. Den entstehenden und begehbaren Tunnel schafft der projizierte, sich verändernde Lichtkreis an der weißen Wand, dessen Beam von Theaternebel sichtbar gemacht wird. Interessanterweise kann man den Raum durch eigene Bewegung selbst beeinflussen, seine Hülle irgendwie auch berühren. Die filmische Installation kombiniert und teilt verschiedene Konfigurationen zweier Ellipsen, und reiht sich so in die lange Reihe der „Solides Licht“-Filmarbeiten des Briten Anthony McCall ein, dessen erstes Werk aus den 1970ern, „Line Describing a Cone“, längst ein Klassiker des Avantgarde-Kinos ist.
Weiter geht’s durch die Katakomben. Die niederländische Künstlerin Diana Ramaekers hat irgendwo eine neue Lichtkunstarbeit installiert, mit 3 „Moving Heads“-LED-Projektoren, auch einem Rauchgerät, DMX-Steuerung und Spiegeln. Licht scheint durchs Räuchern tatsächlich haptisch zu werden. „Sensing the Light“ (2015) verführt den Besucher in rund acht Minuten in ein Feenreich aus Bewegung und Lichtpartikeln, die suchend an Wänden entlang streifen, sich treffen, verbinden, gespiegelt wieder auseinander gleiten. Irgendwann treffen sie auch auf den Zuschauer, der so in eine finstere Schattenwelt gesogen wird.
Finster sind auch die fotografischen Arbeiten aus Lucinda Devlins Serie „The Omega Suites“ (1991 und 1998, dann wurde es den US-Behörden doch ein wenig viel). Vierzehn Tötungsmaschinen hängen da in Unna im tiefen Keller, kuratiert von der Bochumer Galerie m als Gast im Lichtkunstzentrum Unna. „Dark II (two, too)“, das sind archaische Werkzeuge zur ultimativen Bestrafung, die da in klinisch sauberen Räumen stehen, auch sie beweisen einen menschlichen Wesenszug, keine andere Art käme auf solch ein Prozedere der teuflischen Rache. Passend: Vera Röhms Kuben mit einem beleuchteten Satz des deutschen Gelehrten Johann Leonhard Frisch (1666-1743): Die Nacht ist der Schatten der Erde.
„¡DARK!“und „Dark II“ | bis 3.4. | Zentrum für Internationale Lichtkunst Unna | 2303 10 37 51
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
„Obwohl wir Energie verbrauchen, strahlen alle Arbeiten Energie aus“
Museumsdirektor John Jaspers über„Energy / Energie“in Unna und Soest – Sammlung 12/23
Leuchtende Herbstnacht
6. Nacht der Lichtkunst im östlichen Ruhrgebiet – Kunst 10/23
Roboter und roten Laser
„Touch the Light“ in Unna – Kunstwandel 08/23
„Der Gedanke an Laserlicht verknüpft sich mit Gefahr“
Margarete Hesse über ihre Installation „Touch the Light“ im Zentrum für Internationale Lichtkunst – Sammlung 07/23
Die Architektur von Licht
Hypersculptures im Zentrum für Internationale Lichtkunst – Kunstwandel 02/23
Viel farbiger Strom im Keller
„Faszination Licht“ im Zentrum für internationale Lichtkunst – kunst & gut 12/21
Glasröhrchen-Diskurs
„Neon Delight“ im Lichtkunstzentrum – Ruhrkunst 07/20
„Neonröhren sind jetzt retro und wieder hip“
John Jaspers über „Neon Delight“ am Zentrum für Internationale Lichtkunst in Unna – Sammlung 03/20
Ein Universum aus Neon
Lichtkunst in Unna – Kunstwandel 01/18
Geschichten, die das Licht erzählt
2. Nacht der Lichtkunst am 25.11. in Lünen, Unna, Bergkamen und anderen Städten – Kunst 11/17
Ein Spiel von Licht und Schatten
Der International Light Art Award in Unna – Ruhrkunst 06/17
Da ist längst Licht
Der International Light Art Award 2017 in Unna – das Besondere 04/17
Intensive Blicke
Fotografin Annelise Kretschmer im MKK Dortmund – Ruhrkunst 03/24
Kultige Cover
Designagentur Hipgnosis in Oberhausen – Ruhrkunst 03/24
Keine Illusionen
Wolf D. Harhammer im Museum Folkwang in Essen – kunst & gut 03/24
„KI erlaubt uns einen Einblick in ein kollektives Unbewusstes“
Kuratorin Inke Arns über Niklas Goldbachs „The Paradise Machine“ im Dortmunder HMKV – Sammlung 03/24
Unter unseren Füßen
Archäologie der Moderne im Ruhr Museum – Ruhrkunst 02/24
Auf und mit der Oberfläche
Wilhelm Wessel im Emil Schumacher Museum in Hagen – kunst & gut 02/24
Diplomatie kreativ
Ingo Günther im Kunstverein Ruhr in Essen – Ruhrkunst 02/24
„Wir sind stolz darauf, diese Werke im Bestand zu haben“
Kuratorin Nadine Engel über die Ausstellung zu Willi Baumeister im Essener Museum Folkwang – Sammlung 02/24
„Die Berührung impliziert eine Verbindung zum Objekt“
Generaldirektor Felix Krämer kuratiert „Tony Cragg: Please Touch!“ im Kunstpalast Düsseldorf – Sammlung 02/24
Ausdruck der Zeit
Expressionismus-Sammlung im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 01/24
Visionen von Gemeinschaft
„Wir ist Zukunft“ im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 01/24
Kunstvolle Stahlarbeiten
„work comes out of work“ in Bochum – Kunstwandel 01/24
Räume beleben
„Our house is a very very very fine house“ im Kunstmuseum Bochum – kunst & gut 01/24