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„Die unsichtbare Hand“
Foto: Thomas Aurin

Dollars killen jeden Terrorismus

22. Dezember 2016

„Die unsichtbare Hand“ in Bochum – Theater Ruhr 01/17

In einem scheinbar zeit- und raumlosen Holodeck inszeniert Anselm Weber in den Bochumer Kammerspielen die Auseinandersetzung zwischen zwei feindlichen Weltbildern auf dem Planeten. Zu sehen ist das Stück „Die unsichtbare Hand“ des amerikanischen Autors Ayad Akhtar (Deutsch von Barbara Christ), und das spielt in einer pakistanischen Zelle. Nicholas Bright (Heiko Raulin), ein Trader der Citibank, lebt hier als Geisel. Eigentlich wollten die Islamisten seinen Chef kidnappen, doch er saß zufällig im Auto. Jetzt muss er um sein Leben traden, denn Imam Saleem verlangt ein Lösegeld von zehn Millionen Dollar. Mit gnadenloser Belanglosigkeit argumentiert Matthias Redlhammer als Religionsführer die Tatbestände, nach der brutalen Ausbeutung durch den Westen beschafft man sich heute eben derart die Mittel für notwendige humanitäre Mittel, und das auch noch während US-amerikanische Drohnen über ihren Köpfen schwirren. Von der Idee der „unsichtbaren Hand“ von Adam Smith (Ökonom, 1723-1790) bleibt da nicht mehr als ein Zitat vom gefesselten Banker.

Nichts reguliert sich von selbst. Diese Zeiten sind längst vorbei, André Kostolany wäre entsetzt. Algorithmen und das schier endlos gedruckte Geld in seiner Masse regieren längst die Welt. Und auch die von Nick Bright im neongrünen, leuchtenden Digitalgitter mit Mauer. Hier versucht er nun mit seinem eigenen Schwarzgeld aus der Schweiz die Summe zusammenzutraden. Dabei soll er das Börsenspiel gleich dem britischen Bewacher Dar (Samuel Simon) erklären. Doch Imam und Dar erliegen nach und nach der Macht des Geldes. Prinzipien? Götter? Welche Prinzipien? Weber inszeniert diesen halben Thriller distanziert, ruhig und abgeklärt. Es wurde ein stiller Schlag in die Fassade des Islamismus.

Im zweiten Teil des Abends erklärt eine F16-Pilotin (Sarah Grunert) in „Am Boden“ von George Brant, warum sie am liebsten im kriegerischen Azurblau des Himmels bleiben will, statt als Mutter im Sessel mit Drohnen Terroristen und deren Kinder zu sprengen. Der Sinn dahinter erschließt sich allerdings nicht, vielleicht muss man da US-Amerikaner sein.

„Die unsichtbare Hand / Am Boden“ | R: Anselm Weber | So 8.1. 17 Uhr, Fr 20.1. 19 Uhr | Kammerspiele Bochum | 0234 33 33 55 55

PETER ORTMANN

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