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„Die Energiewende ist nach Paris unumkehrbar“

28. Januar 2016

Stefan Rostock von Germanwatch e.V. über eine Trendwende im Umwelt- und Klimaschutz – Thema 02/16 Gute Zeit

trailer: Können Sie Germanwatch kurz vorstellen?
Stefan Rostock: „Hinsehen, Analysieren, Einmischen“, unter diesem Motto engagiert sich Germanwatch für globale Gerechtigkeit und den Erhalt der Lebensgrundlagen. Dabei konzentrieren wir uns auf die Politik und Wirtschaft des Nordens mit ihren weltweiten Auswirkungen. Die Lage der besonders benachteiligten Menschen im Süden bildet den Ausgangspunkt unseres Einsatzes für eine nachhaltige Entwicklung. Arbeitsschwerpunkte von Germanwatch sind Klimaschutz und Anpassung, Welternährung, Unternehmensverantwortung, Bildung für nachhaltige Entwicklung, sowie Finanzierung für Klima & Entwicklung/Ernährung. Zentrale Elemente der Arbeitsweise sind der gezielte Dialog mit Politik und Wirtschaft, wissenschaftsbasierte Analysen, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Kampagnen.

In welchen Bereichen besteht bezüglich des Klima- und Umweltschutzes der höchste Handlungsbedarf?

Stefan Arme
Foto: Stefan Arme

Zur Person

Stefan Rostock (48) ist Leiter des Teams „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ und NRW-Fachpromotor für Klima und Entwicklung bei der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch e.V.


Uns erscheint derzeit der gestufte Ausstieg aus der Kohleverstromung, der bis 2035, spätestens bis 2040 abgeschlossen sein muss, am wichtigsten. Es ist aus klimawissenschaftlicher Sicht und unter Gerechtigkeitsaspekten, den Hauptbetroffenen des Klimawandels in den Ländern des Südens gegenüber, notwendig die Kohleverstromung in Deutschland bis dahin komplett zu beenden. Aber dazu fehlt ein Fahrplan. 

Ein entsprechender gestufter Ausstiegsplan aus der Kohleverstromung schafft Investitionssicherheit, gibt den Rahmen für begleitende soziale Maßnahmen, schafft global Zuversicht in die Machbarkeit der Energiewende und wird so zukünftige klimawandelbedingte Migration, zwar nicht verhindern aber mildern.

Aber auch in den Bereichen Mobilität und industrielle Landwirtschaft gibt es erhebliche Potentiale um die klimaschädlichen Auswirkungen zu reduzieren. Hier wurde viel zu lange viel zu wenig unternommen. Energiewende geht nur mit einem Ausstieg aus der Kohle, hier droht Deutschland den internationalen Anschluss zu verpassen: In vielen der Länder mit einem bisher sehr hohen Bedarf an Kohle sinkt der Verbrauch: USA (-11 %), Kanada (-5 %), Deutschland (-3 %), Großbritannien (-16 %), Türkei (-13 %), China (-5.7 %), Japan (-5 %), Südafrika (-2 %). 2015 konnte dadurch global ein Rückgang um 4 % verzeichnet werden.

Wie schneidet Deutschland beim Klimaschutzindex 2016 ab?
Deutschland liegt beim Klimaschutzindex 2016 erschreckend weit hinten. Der hohe Anteil von Braunkohle an der Energieversorgung führt dazu, dass Deutschlands Emissionsniveau im Vergleich zum letzten Jahr nicht besser bewertet werden konnte, und das Land im globalen Vergleich nur den 22. Platz erreicht. Im Bereich der erneuerbaren Energien ist Deutschland weiterhin gut aufgestellt, andere Länder holen jedoch rasch auf. Beim G7-Gipfel im Juni 2015 nutzte Deutschland seine Präsidentschaft, um das Thema Dekarbonisierung der Weltwirtschaft auf die Tagesordnung zu setzen und mit den Staatschefs eine Erklärung zu gesteigerten Ambitionen im Klimaschutz zu verfassen. Dies hat sicherlich das Ziel der Netto-Null-Emissionen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts im UN-Klimaabkommen von Paris stark befördert. Kurz vor Beginn des UN-Klimagipfels eröffnete Umweltministerin Barbara Hendricks die Debatte um einen bundesweiten Kohleausstieg bis 2035 bzw. 2040. Die Ergebnisse dieser Debatte werden erheblichen Einfluss auf Deutschlands zukünftige Emissionsentwicklung und damit auch die Platzierung des Landes im Klimaschutz-Index haben.

Zur Klimakonferenz 2015 in Paris: Eine der Kernforderungen ist der vollständige Umstieg von fossilen Energieträgern auf erneuerbare Energien bis 2050. Wie realistisch ist diese Forderung?
Es gibt jetzt schon positive Anzeichen, dass die Abkehr von fossilen Energien begonnen hat, die globalen Emissionen sind 2013 und 2014 nicht angestiegen. Zwar ist unsicher, ob es sich hier um einen Trend oder nur eine kurze Stagnation der, in den letzten fünfzehn Jahren stark ansteigenden, Emissionen handelt. Auch die Debatte um Migration aufgrund der globalen Überlastung ökologischer und sozialer Grenzen, hervorgerufen durch den westlichen Konsumstil und den Klimawandel, helfen der politischen Debatte hin zu erneuerbaren Energien.

Gibt es bezüglich des Klima- und Umweltschutzes eine Trendwende?
Der politische Widerstand gegen die Energiewende ist hoch, die Energiewende ist nach Paris unumkehrbar. So haben direkt nach der UN-Klimaverhandlung Unternehmen ehrgeizigen Klimaschutz von Deutschland gefordert. Die 34 großen und mittelständischen Unternehmen aus einer großen Bandbreite von Branchen versprechen, den Klimaschutz selber als Vorreiter voranzutreiben und fordern von der Politik ambitionierte Rahmenbedingungen für die Dekarbonisierung in Deutschland und in der EU.

Es gibt viele Projekte zum Thema Klima- und Umweltschutz. Welche gibt es bei uns in NRW?
Im Rahmen der KlimaExpo NRW werden Klimaschutzprojekte vorgestellt. Hier kann aus Erfahrungen gelernt werden. Germanwatch setzt sich dafür ein, dass entsprechend des globalen Aktionsprogramms „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ zum einen nachhaltige Entwicklung in alle Formen der Bildung integriert wird. Zum anderen wird überall dort, wo schon nachhaltige Entwicklung stattfindet, diese mit Bildungskomponenten ergänzt.

Germanwatch selber ist mit der „Germanwatch Klima- und Rohstoffexpedition“ an Schulen im ganzen Bundesgebiet präsent und zeigt im Vergleich von Live-Satellitenbildern mit archivierten Aufnahmen die Folgen unseres Produktions- und Konsumstils und erarbeitet mit den Schülern Lösungsansätze.

Was kann der Einzelne tun um hohe CO2-Emissionen zu vermeiden?
Wir haben eine Liste von fünf Maßnahmen, die der Einzelne rasch umsetzen kann. Zum einen ist der Wechsel zu einem Ökostromanbieter sinnvoll. Ein zukunftsfähiges Mobilitätsverhalten ist von Vorteil, man sollte beispielsweise Flüge vermeiden oder kompensieren. Im Bereich Konsum und Ernährung sollte man kritisch sein, weniger Milch und Fleisch konsumieren und haltbare Produkte kaufen. Zu Hause kann man die Heiztemperatur senken, Strom und heißes Wasser sparen und energetisch sanieren. Und man kann sein Geld in grüne Finanzprodukte investieren. In der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit benutzen wir den „Germanwatch Hand Print“: Unter dem Slogan: „Den Handabdruck des eigenen Engagements vergrößern und den eigenen ökologisch-sozialen Fußabdruck verkleinern“ rufen wir Einzelne, Gruppen und Initiativen dazu auf mit ihrem Engagement Strukturen in Unternehmen, Kommunen, Organisationen bleibend so zu verändern, dass nachhaltiges Verhalten auch denen gelingt, die dies für zu kompliziert, zu teuer oder uncool empfinden.


Aktiv im Thema

www.icruhr.de | Innovation City Ruhr, Modellstadt Bottrop
www.fairtrade-towns.de | Fair Trade Town
www.faire-metropole-ruhr.de
https://germanwatch.org/ | NGO für globale Gerechtigkeit und den Erhalt der Lebensgrundlagen

Lesen Sie weitere Artikel
zum Thema auch unter: choices.de/thema und engels-kultur.de/thema

Thema im März: FRAUENLEBEN – Wie gleichberechtigt ist unsere Gesellschaft? Gibt es weibliche Beschneidung auch in Deutschland? Gründen grüne Unternehmerinnen anders?

INTERVIEW: NINA RYSCHAWY

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